Nein, der Waldprediger ist noch nicht tot, und es hat ihm auch nicht die Sprache verschlagen, aber er hat sich in den zurückliegenden Wochen und Monaten noch konsequenter in seine Einsiedelei zurückgezogen und versucht, sich einmal eine Weile jeden Kommentars zu enthalten und seinen Umgang auf Tomatenpflanzen, Weinstöcke, Stangenbohnen und andere liebenswerte Zeitgenossen zu beschränken.
So ganz ist ihm das natürlich nicht gelungen, da er zum einen ein recht geselliger Kerl sein kann – wenn es sich lohnt – und zum anderen nicht im luftleeren Raum lebt, wie ihm immer wieder bewußt gemacht wird, zuweilen recht schmerzhaft.

So war sein Herz, das in einem Dreivierteljahrhundert viele Attacken über- und so manchem Sturm widerstanden hat, so sehr aus dem Rhythmus gekommen, daß er in eine der Reparaturwerkstätten mußte, die man für die Betreuung der menschlichen Kreislaufmaschine eingerichtet hat. Vier Tage und drei Nächte war er in einem großen Gebäude von durchaus sehenswerter Architektur über Drähte, Schläuche und Kabel mit verschiedenen Apparaturen verbunden, die seine Fehler „auslesen“ sollten, um es mal in der Sprache der Kfz-Mechatroniker zu formulieren, denn ungefähr so kam er sich vor: wie ein altes Auto, das nicht mehr ganz rund läuft! Doch es kam diesmal noch nicht zur Verschrottung.

Am ersten Tag hatte er noch gedacht: „Es wäre doch schön, wenn mal jemand fragte: ‚Na, was bedrückt Sie denn, was hat Sie so aufgeregt, daß Ihr Blutdruck auf zweihundertzehn stieg? Was für Probleme haben Sie, was macht Ihnen Kummer?“
Am dritten Tag wäre er schon zufrieden gewesen, wenn er überhaupt mal einen Arzt gesehen hätte. Der erschien am vierten Tag und erklärte, daß man den Waldprediger aus Versehen vergessen habe, bzw. gar nicht gewußt habe, daß er da sei, weil seine Akte auf die falsche Station geschickt worden sei. Da der junge Arzt ihm nicht erklären konnte, wieso auf dem Nachttisch eines nicht vorhandenen Patienten jeden Tag mehr und immer buntere Pillen auftauchten – wogegen, wofür und für wen vor allem? - verließ der Waldprediger eigenmächtig und gegen allen medizinischen Rat die Klinik und sitzt nun wieder unter seinem Rebenlaubdach, aus dem ihm schon leicht gerötet die Trauben entgegenlachen, und immer noch grübelt er, wieso ihm jeden Tag auf der Suche nach gefährlichen Corona-Viren in der Nase herumgestochert worden war, während doch die resistenten Krankenhausbakterien vier Tage lang völlig in Ruhe gelassen wurden, um dann mit einem nassen Lappen, und zwar mit ein und demselben, gleichmäßig im Zimmer, in der Toilette und auf alle Gegenstände verteilt zu werden.
Der wirklich sehr freundlich lächelnde junge Mann, konnte es ihm leider nicht erklären, da er ganz offensichtlich in einer völlig anderen Sprachgemeinschaft groß geworden war, nichtsdestotrotz seine Aufgabe so ernst nahm, daß er den so vielseitigen Putzlappen absolut nicht hergeben wollte.

Apropos Corona-Viren. Der Waldprediger gehört weder zu den sogenannten Corona-Leugnern, noch zu den Hardlinern, die mit der Maske durch den Wald laufen oder sogar, bei Gott, es ist wahr, maskenbewehrt in die Ostsee tauchen, er kann es sich aber nicht verkneifen, hier einige besonders markante Schlagzeilen zu präsentieren, mit denen unsere Medien von der Corona-Front  berichten und deren Wertung er dem geneigten Leser überläßt:
„Aktion in Thüringen sorgt für Ansturm: Corona-Impfung mit Bratwurst belohnt.“
„SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz will die Bratwurst-Impfung“
In Sonneberg: Wer sich gegen das Coronavirus impfen lässt, bekommt danach eine Bratwurst.“
So weit, so gut! Aber was machen wir mit den Vegetariern? Legen wir denen ein Kohlrübenschnitzel auf den Thüringischen Grill? Locken wir die Spreewälder mit einer sauren Gurke?
Und vor allem: was ist unter einer Bratwurst-Impfung zu verstehen? Will Olaf Scholz die Bratwurst impfen lassen oder sich selbst mit einer solchen? Mit dem Klammerbeutel gepudert ist er ja offensichtlich schon!

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