– der Waldprediger gesteht, daß sie schon einige Dutzend Jahre zurückliegt – war im Dorfe meiner Großmutter der sonntägliche Kirchgang genauso eine Selbstverständlichkeit wie die anschließende Einkehr in den Dorfkrug, der damals noch nicht „Hongkong Garden“ hieß, sondern „Lindenhof“, was naheliegend war, da eine prächtig-grüne Reihe stattlicher, jahrhundertealter Linden zu seinem Tore führte.


Mehr der Not, sprich der großmütterlichen Mahnung, gehorchend als dem inneren Drange zählte auch ich regelmäßig zu den Hörern des Geistlichen, der, wenn er von der Kanzel donnerte, nichts mehr gemein zu haben schien mit dem lustigen Manne, der mit Arzt und Apotheker wöchentlich im Vereinszimmer seinen Skat kloppte.
Viel habe ich nicht behalten von dem, was in der Kirche auf mich herabrieselte, aber an eine der Predigten erinnere ich mich noch sehr genau. Es ging da um einen alten Bauern, der schon lange nicht mehr in der Kirche erschienen war und auf die Frage nach dem Warum antwortete, es habe keinen Zweck, er könne sich mit seinem schwachen Verstand eh nix mehr merken, die Worte flössen durch ihn hindurch wie der Bach durch einen Kartoffelkorb.
Das sei ein sehr schönes Gleichnis, wurde dem Bauern geantwortet, denn er müsse bedenken: Wenn der Kartoffelkorb das Wasser auch nicht festhalten könne, er würde doch allen Schmutz verlieren und sauberer werden, wenn das Wasser durch ihn ströme.
Ja, lieber Leser, daran muß der Waldprediger so manches Mal denken, wenn er im grünblättrigen Halbdunkel seiner Klause über Zeiten und Geschehnisse sinniert, nur dann und wann aufgeschreckt vom hungrigen Gebrüll der Löwen, das, nein, nicht aus der Savanne, sondern aus dem nahen Zoo durch den märkischen Nadelwald zu ihm dringt.
Da ja nun auch die besten Vergleiche hinken, möge der geschätzte Leser nicht denken, daß ich ihn oder seinen Verstand für einen alten Kartoffelkorb halte, es würde mich jedoch nicht kränken, vergliche man meine Waldpredigten mit dem reinigenden Bache.

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